Ein Workshop (2,5 Stunden) mit etwa 20 haupt- und nebenberufliche Lehrende aller Fachrichtungen der FH Wr. Neustadt (siehe diese Einladung).

 

Ort ist ein Seminarraum, der zuvor schon etwa für einen Didaktik-Austausch von 26 Lehrenden gedient hatte, bei dem ich dann einen Thementisch zum Inverted Classroom Modell (als Hintergrund siehe diesen – ebenso weitgehend aus meiner Feder stammenden – Bereich des SKILL-Blog) übernahm. Diese Gruppe entschied sich spontan, den Raum aufgrund der Lautstärke zu verlassen – der Austausch der anderen macht eine Konzentration schwierig. Bei dieser Gelegenheit beschließe ich, Wort-Assoziationsspiele im Workshop am Nachmittag, nicht wie angedacht im Gehen, sondern im Sitzen umzusetzen, um den gegenseitigen Fokus nicht zusätzlich durch die Geräusche des Gehens zu erschweren.

Agnes Hofer, vom Institut für persönliche Kompetenzentwicklung, die auch Leiterin einer Arbeitsgruppe zu Hochschuldidaktik ist und mich an die FH Wr. Neustadt eingeladen hat, frägt mich vor der Pause, ob wir den Raum noch umstellen sollen und ich entschließe mich dafür, dies gemeinsam mit der Gruppe zu machen.

Auch deshalb starte ich nach dem Mittagessen dann mit dem vorhandenen Setting und den „Handimpulsen“, und betone, dass Impulse auch von Richtungen kommen können, zu denen ich als TeilnehmerIn momentan nicht hinsehe.

Vorher stelle ich noch kurz einige zentrale Improvisations“regeln“ vor bzw. ganz kurz die Herkunft der Methoden. Im Laufe des Workshops hgebe ich immer wieder auch Hinweise zum Einsatz von Methoden der Angewandten Improvisation in Bildungskontexten.

Die Teilnehmenden nehmen mein sehr bedächtiges Tempo auf und halten dies, wobei es – wie so oft bei dieser Methoden – sehr schnell zu kleineren Variationen kommt. So wird etwa der ganze Körper genutzt um das Weitergeben oder Auffangen eines Impulses zu unterstreichen oder mit Lauten untermalt. Teils wird statt der vorgezeigten Handbewegung eine eingesetzt mit nur einer Hand oder der Arm wird mit teils ausladenden Bewegungen mit einbezogen. Es entsteht sehr schnell ein intensiver gegenseitiger Fokus der Teilnehmenden, weiters werden Varianten der Handimpulse mit Lachen quittiert.

Die Varianten, der Fokus und das Lachen werden durch zwei Vorgaben noch intensiver; Vorgabe ist, als Lehrende/r an eine Studierendengruppe zu denken, die gerne und intensiv bei der Sache ist, Lehrenden große Wertschätzung entgegen bringt. Um die Energie der Impulse noch zu verstärken, erinnere ich einige Mal daran, dass es um ein sehr freudiges Ereignis geht, das als Überschrift zu den Impulsen dient. Dann kommt die Vorgabe, dass es sich um „die Gruppe“ handle, ohne genau zu sagen, was ich meine und nur in dem ich en Tonfall verändere, klar mache, dass Begegnungen mit dieser herausfordernd sind.

Im Debriefing frage ich nach, was die Übung im Raum, an der Atmosphäre dort verändert. Benannt werden die gegenseitige Achtsamkeit sowie Fokus, die bewusstere Wahrnehmung der anderen. Ich weiße darauf hin, dass diese (und hier im Nachgang nochmals betont: auch sehr viele andere Improvisations-Methoden) in jedem Setting umsetzbar sind. Ich bitte dann darum, dass alle Anwesenden mithelfen, die Tische an den Rand zu stellen.

Ich frage nach den vier Minuten Umräumzeit, wie lange diese Zeit war und betone die Bedeutung der Transformation, der bewussten Nutzung von (Lehr)Räumen.

Es ist eine Fläche in der Mitte des Raums entstanden, die in Bezug auf die Zahl der Anwesenden eher klein ist. Die Einladung zum bewussten Gehen wird trotzdem sofort angenommen und von allen Anwesenden umgesetzt. Als Vorgaben zum Einsatz kommen zunächst schrittweise Steigerung des Tempos und dann Zeitlupe mit der Debriefingfrage beim Tun, wie sich die Tempoänderung auf Körperhaltung, Atmung und Gedanken auswirkt. Gleichzeitig weise ich auf die radikale Reduktion der Lautstärke durch die Vorgabe „Zeitlupe“ hin.

Ich biete dann Gehvarianten an: (teils mit der Einladung kleine und große Schritte zu machen) Spurweite sowie  Ausrichtung der Zehenspitze, angeschlossen mit der Vorgabe die ganz eigene Spurweite und Zehenspitzenausrichtung zu finden. Dasselbe Prinzip dann mit der Kombination der Vorgaben Blick am oben / zur Decke sowie Arme hinter dem Rücken verschränkt / an der Seite.

Dann die Variante „Stop und go“ mit der Vorgabe, Gehvarianten umzusetzen, die von Studierenden wahrgenommen werden. Eingebracht werden u. a. Impulse wie sehr betont „weibliche“ Gehvariante („Tussi“), Blick am Handy geheftet, sehr gebeugter Rücken und mühseliges Gehen, sehr schnelles hektisches Gehen. (letztlich werden hier von der Gruppe ohne dass ich dies angeregt hätte, Grundprinzipien der Verfremdung eingesetzt.)

Dann Vorgabe: Jede Person definiert für sich eine Tasche in einer bestimmten Größe mit einem klar definierten Gewicht, so wie sie bei Studierenden vorkommen kann. An einer Stelle verharrt die Gruppe länger und es entsteht ein spannende Moment des gegenseitigen Aufeinander Wartens.

Einladung sich damit durch den Raum zu bewegen, sowie nach einem akustischen Signal (Klatschen) gegenseitig wahrzunehmen, welche Taschen im Raum sind. Dann Vorgabe möglichst oft mit anderen die Tasche zu tauschen, kurz Größe und Gewicht zu ‚spüren‘ und dann wieder zurück zu geben (siehe dazu auch diese Beschreibung / Verianten). Hier halten sich viele Teilnehmende nicht auf die Einladung beim Nonverbalen zu bleiben (wobei ich glaube, diese am Anfang dieser Sequenz nicht intensiv genug ausgesprochen, betont zu haben).

Dann sich mit einer Person treffen, beide Taschen auf eine fiktive Fläche stehen. Vorgabe: Jede Person greift in die Tasche, holt einen ‚Wissensschatz‘ heraus und zeigt diesen der anderen Person. Hier habe ich sichtlich das Nonverbale gut genug erklärt, es läuft viel mehr in dieser Weise. (Methode verschriftlicht siehe hier)

Beim Debriefing bitte ich nochmals den entstandenen, letztlich doch sehr engen Bewegungsraum zu kommentieren, der die Teilnehmenden während der gesamten Zeit nicht vom sehr intensiven Handeln miteinander abhält. Die Teilnehmenden nehmen dies ebenso wahr und weisen darauf hin, dass trotz der intensiven Nähe es möglich ist, den Abstand der Intimzone zu wahren. Es entsteht hier eine kurze Diskussion ob dies bei allen Kulturkreisen so ist; bei eher ‚südländischen‘ Gruppen wurde so ein intensiveres ‚aufeinander kleben‘ wahrgenommen. Ich verweise auf Erfahrungen von Konferenzen und Workshop etwa des Applied Improvisation Network mit Menschen aus aller Welt, bei denen bei vielen Übungen und Gelegenheiten ein gemeinsames Verständnis von Nähe und Distanz entsteht bzw. universelle Anteile der Körpersprache miteinander entdeckt und Brücken durch Einsatz von Englisch oder Übersetzungen geschlagen werden.

Weitere Ergebnisse des Debriefing:

Reflexion des Wahrgenommenen:

Weitere Einsatzoptionen:

Danach: Bitte Paare zu bilden (es entsteht eine Triade) die zunächst Rücken an Rücken sitzen, die Augen schließen und versuchen sich daran zu erinnern wie der/die andere aussieht. Ich lade dazu ein in der nächsten Zeit immer wieder auf einzelne Studierende zu achten, sich der Frage zu stellen wer diese sind, woher sie kommen (in allen sozialbiographischen Aspekten), was sie aktuell bewegt und was ihre Bildungs- / Lebensziele sein könnten.

Ich lade dann die Paare ein zunächst Assoziations Ping Pong zu spielen und danach sich über entstandene ‚rote Themenfäden‘ auszutauschen. Dann führe ich Paare zu zwei Vierer-, einer Fünfer- und einer Sechsergruppe zusammen.

Ich lade in jeder Gruppe eine Person ein, einen vorher benannten ‚roten Faden‘ zu nennen, dann zuerst eine Wort-für-Wort-Geschichte (Vorgabe gegen Ende: ‚Findet ein dramatisches Ende‘), sowie eine Wort-für-Wort-Geschichte im ABC-Modus miteinander zu erzielen. Abschluss dieser Phasen ist dann ein „Lösungs-3-Satz“. Mein gegebenes Beispiel beschäftigte sich zwar mit dem Thema Lehre, viele „Drei Sätze“, die ich beim Durchgehen höre greifen aber eher fiktive Alltagsgeschichten auf. Eventuell hätte die ausgesprochene Vorgabe sich auf das Bildungsfeld zu konzentrieren teilweise eine noch intensivere Dynamik bewirkt, wobei die Geschichten aber bei allen Sequenzen (also auch Wort-für-Wort und ABC) mit relativ hohen Tempo und ohne allzu großes Zögern erzählt werden. Die Personen in den Gruppen wenden sich einander sehr intensiv zu, unterstützen sich gegenseitig, bringen sich intensiv in die Geschichten ein.

Ich lade dann dazu ein, in diesen Konstellationen nach Einsatzfeldern zu Wort-Assoziationsspielen in der Lehre gemeinsam nachzudenken. Auch hier geschieht ein intensiver Austausch miteinander. Beim Debriefing frage ich zuerst nach den Ergebnissen des Brainstorming (siehe dieses Titanpad; Ergänzungen willkommen!!) und dann nach Wahrnehmungen. (Im Zuge dessen erwähne ich die Idee für das Format „Wortklauberei„, mit dem u. a. eine bewusste Auseinandersetzung mit (Fach)Texten gefördert werden kann.)

Abschließend lade ich dazu ein, sich in Paaren (eine Triaden) stärken mitzuteilen, die aneinander entdeckt wurden.

Die anschließende kurze Pause ist zwar vom energetischen an der richtigen Stelle, gleichzeitig bricht sie etwas den vorhandenen Energiefluss in der Gruppe.

Nach der Pause: Roter Ball. Es braucht einiges an Nachfragen um auf einen ‚kleinen, leichten weißen Lehrball‘, einen ‚großen schweren Prüfungsball‘ und einen regenbunten Vielfaltsball zu kommen; die kommen allerdings dann gut in Einsatz. Als mögliche Einsatzideen werden dazu genannt:

Ich verweise noch auf den gegenseitigen Fokus, die Steigerung der Achtsamkeit, das leichte Einbeziehen aller Anwesenden.

Dann „Ich bin, ich bin, ich nehme“. Hier ist für mich der Energiebruch am stärksten spürbar. Der sonst unmittelbare entstehende Assoziationsfluss kommt nur sehr stotternd in gange und benötigt ständig mein Nachfragen, vielleicht liegt es aber gleichzeitig daran, dass ich versuche, gleich mehrere VertreterInnen von verschiedenen Fachgebieten zu animieren, ‚ihr‘ Themengebiet einzubringen. Körperhaltungen kommen wenn dann nur sehr dezent im Einsatz.

Als Themenfelder für diese Methode genannt werden die Auseinandersetzung mit…

Ich bringe am Ende noch kurz einen input zu Körperbildern ein und ein Lehrender stellt mechanische Elemente dar, die zueinander in Beziehung stehen. Ich verweise auf die Option, Abläufe darzustellen bzw. die Beziehungen der Bestandteile eines Prozesses, einer Formel, eines Systems (mathematisch, sozial oder auch in Bezug auf Sozialräume). Hier erwähne ich zudem, dass hier verbale Interaktionen das Gezeigte intensivieren können ebenso durch den Einsatz von Genres.

Interessant ist noch, dass von zwei Teilnehmenden voneinander unabhängig die Wahrnehmung kommt, dass ImproImpulse – so wie viele andere Methoden auch – ein Teil / Aspekt von Vorbereitungsaufgaben im Sinne des Inverted Classroom Modell sein können. Sehe ich genauso!

Vielen Dank an alle für das sich Einlassen und sehr energievolle miteinander Tun!

 

Wie immer freue ich mich sehr über Kommentare, zusätzliche Ideen usw.:

Für die Teilnehmenden am Workshop: Ergänzende Wahrnehmungen und Erinnerungen

Für die Teilnehmenden am Workshop und natürlich alle Lesenden:

Welche weiteren Einsatzideen entstehen?

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