Beginne irgendwo

„So einfach kann es doch nicht sein!“ – eine Reaktion, die ich bei meinen / unseren Seminaren oder Beratungen manchmal bekomme. Dann, wenn eine Idee auftaucht, ein Lösungsansatz oder eine entlastende Alternative, die so „einfach“ ist, dass es fast schon weh tut.

Warum ist es manchmal so schwer, das „Naheliegende“ wahrzunehmen bzw. es auch zu nutzen?

Nun da ist mal der Wunsch, originell sein zu wollen, spannend, ja eigentlich genial. Guter Wunsch! Und gleichzeitig gelingt das in vielen Situationen dann, wenn wir auf das Naheliegende hinweisen, das Nutzen, was schon da ist bzw. zwischen vorhandenen naheliegende „Verbindungslinien“ ziehen. Also ja, es ist erlaubt einfach seit längerem Vorhandenes aufzugreifen. Mehr noch es ist ein essentielles Element von Angewandter Improvisation. Denn entdecken mancher Bilder im Kopf, heißt „improvisieren“ nicht nur etwas aus dem luftleeren Raum zu schaffen, sondern eben auch leichtquere Verknüpfungen herzustellen, Erfolgsgeschichten bewusst wahrzunehmen (auch durch multimediales und kooperatives und auch körperorientiertes Visualisieren) sowie aus Fehlern zu lernen.

„Beginne irgendwo“ ist keine Anleitung zum blind Herumstochern und gleichzeitig ist sie genau das. Einladung: Im Raum (ja jetzt, hier, gleich!) umschauen und darauf achten, wo welche Gegenstände sind, welche Farbe, Oberflächenbeschaffenheit sie haben. Wann wurden sie, wie zuletzt verwendet? Welche Assoziationen verbinden wir damit? Welche Geschichten erzählen sie? Was geschieht wenn ich zwei beliebige Gegenstände mit ihren Geschichten nebeneinander stelle oder ein drittes dazu, und die Reihenfolge blind verändere?

„Beginne irgendwo“ ist zugleich die Herausforderung, die Einladung sich nicht für Fehlschläge zu schämen. Es ist ok, darüber zu trauern, manches ganz abzuschließen. Und gleichzeitig zu achten, welche Idee, da noch warten, versteckt sind zwischen den Zeilen. Ganz offensichtlich auf uns wartend jetzt.

Manchmal ist es ein Satz. Ein Bild, das wir sehen. Eine Abfolge von Tönen. Oder eben dieses großes Geschenk, das entsteht, wenn zwei Menschen zusammenkommen – am besten mit der Ja – genau Einstellung in Kopf und Herzen – und dann in diesem Raum, das Naheliegende plötzlich glasklar und überraschend leicht zu „haben“, zu weiterentwickeln ist.

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