Beiträge

Konnektivismus bedeutet Partizipation

Ein Blogbeitrag als

„Räume sind soziale Landschaften und gleichzeitig individuelle Umgebungen, die motivierend und fördernd, aber auch hemmend und entmutigend wirken können.“ (Pscheida D., et.al., 2014, S. 292) Zu diesen Lernräumen zählen auch jene in den den unendlichen Weiten des Internet.

In vielen tertiären Bildungseinrichtungen sind Lernmanagementsysteme eine Selbstverständlichkeit, also etwa Moodel, Ilias, Blackboard. Diese verfügen theoretisch über viele Möglichkeiten der Interaktion: Von Foren, über Chat, Peer-Review-Systeme, Wiki bis hin zu Modulen für Videokonferenzen. Immer wieder wird darauf hingewiesen (vgl. z. b. Strasser, Thomas, 2011) dass diese Möglichkeiten zu selten in all ihren Möglichkeiten genutzt werden, schon gar nicht im Potential damit ebenso das Internet als Lernraum zu nutzen. Im Vordergrund steht die „Verteilung“ von Lerninhalten (vgl. Downes, 2005), die noch dazu oft in einen engen Raum bleibt – also auf ein Fach sowie eine konkrete Gruppe eines Jahrgangs.

Es geht also um ein durch Partizipation geprägte Lernen (vgl. Downes, 2005). Dazu betonen Pscheida et.al.:

„Die Idee des Lernens als Vernetzungsprozess von Individuen und Ressourcen über die Grenzen virtueller Räume hinaus entspricht dem Ansatz des Konnektivismus (…). Dieser beruht auf der Feststellung, dass die heutige Informationswelt so umfassend und dynamisch ist, dass Lernen vor allem im Einsatz von Techniken besteht, Informationen zu finden, zu bewerten und für sich zu verwenden. Die Fähigkeit zu Aufbau und Pflege von Wissensnetzwerken aus Personen und Informationsobjekten stellt daher eine Kernkompetenz des 21. Jahrhunderts dar.“ (Pscheida D., et.al., 2014, S. 293)

Wobei Partizipation bei alldem kein Zufall ist oder von selbst geschieht. Denn es geht ebenso um Aspekte wie:

  • Eigene Fähigkeiten und Lebenserfahrungen, sowie Ideen, Ängste und Hoffnungen einbringen bzw. (gemeinsam) weiter entwickeln zu können
  • Selbstbewusst auf ExpertInnen zugehen zu lernen, an diese sinnvolle und mit Theorie & Praxis verknüpfte Fragen formulieren zu können bzw. mit diesen gemeinsam an Ideen und Konzepten zu arbeiten
  • Eigene Sozialräume, die für Wohnen, Lernen, Arbeiten, Freizeit usw. genutzt werden bewusst wahrzunehmen, dort Wissensquellen im weitesten Sinn zu finden und auf eine selbstbestimmte Art in Lernumgebungen einbringen zu können
  • Über Erfahrungen zu berichten, wenn erworbenes Wissen in diese Sozialräume bzw. die eigene Lebensgestaltung eingebracht werden und (temporäre oder nachhaltige) Veränderungen die sich daraus (nicht) ergeben
  • Erworbenes Wissen für andere sicht-, nutz-, kommentierbar zu machen, im besten Fall in einer sehr niederschwelligen Weise

Vor allem viele cMOOCs versuchen sich an diesem Konzept von gemeinsamen, vernetzten Lernen ‚auf Augenhöhe‘ zu orientieren. Sie sind im besten Fall Lernräume, die – schon im Vorfeld – über deren Dauer hinaus wirken; sowohl in Hinblick auf wieder auffindbare Ergebnisse als auch auf Erkenntnisse und Netzwerke die darüber hinaus weiter wachsen.

Downes, S. (2005). E-learning 2.0. in eLearn Magazine 10/2005. http://elearnmag.acm.org/featured.cfm?aid=1104968

Pscheida D., et. al. (2014): Vom Raum in die Cloud: Lehren und Lernen in cMOOCs; in: Rummler, Klaus (Hg.) (2014): Lernräume gestalten – Bildungskontexte vielfältig denken, Waxmann http://2014.gmw-online.de/291

Strasser, Thomas (2011): Moodle im Fremdsprachenunterricht, VWH-Verlag http://www.vwh-verlag.de/vwh/wp-content/uploads/2011/04/titelei_strasser.pdf

MOOCs allgemein und die Frage der Didaktik

Ich nehme also an einem MOOC über MOOCs teil (#mmc13) .

Eine ganz kurze Erklärung für die nicht Eingeweihten: An einen MOOC kann on- und offline also synchron und asynchron eine theoretisch unbegrenzte Zahl an Menschen teilnehmen und dort sich gemeinsam zu verschiedenen Themen weiterbilden, austauschen bzw. auch neues Wissen & neue Inhalte erzeugen (und/oder kommentieren / teilen).

 

Zuletzt (zweite Lernwoche) war das Thema auch ob’s für diese Lernform eine eigene Didaktik braucht. Dazu folgende Punkte:

# Die erste Frage ist: Wie erfahre ich (rechtzeitig) ob es einen MOOC zu einem Thema gibt, das mich gerade interessiert bzw. dessen Themen für meine Arbeit / mein Leben momentan wichtig sind? Grundsätzlich möglich wäre mit Stichworten danach zu suchen bzw. über Portale wie udacity zu gehen und dort auszuwählen. Der Punkt ist: Nur weil es einen MOOC gibt, (bzw. einer geplant ist) – mit eigener Seite und allem – bedeutet das nicht automatisch, dass er auch leicht zu finden ist. Das Organisationsteam wird sich also mit Fragen der Informations- und Öffentlichkeitsarbeit auseinander setzen müssen.

 

# Dann: Wer hat überhaupt Zugang zu einem MOOC? Denkbar ist vielleicht ein Szenario über Internet-Cafe oder öffentliche Zugangspunkte, wo dann praktisch alle „rein“ könnten. Gleichzeitig bringt das Konsequenzen wie oft und wie intensiv an allen MOOc-Angeboten und -Kanälen überhaupt teilgenommen werden kann. Und: Nur weil in einem Haus ein Internetanschluss besteht und ein PC vorhanden ist bedeutet das nicht automatisch, dass jede/r BewohnerIn die gleichen Zugangs- und Nutzungsmöglichkeiten hat. Auseinandersetzung mit MOOC müsste demnach ebenso um Themen wie digital divide bzw. digital gap kreisen, über wirtschaftliche und technische Rahmenbedingungen, über Systeme unterschiedlichster Art die NutzerInnen beim Nutzen unterstützen oder hindern.

Ebenso ein Thema ist: An wen kann sich jemand wenden, der Probleme mit (einem Teil des) dem System hat? Oder der/die merkt, dass sein Wissen für einen spezielle Bereich doch nicht ausreicht?

 

# Kommen wir zum „technischen Vorwissen“: Schon bei opco12 war eine wichtige Frage wer denn wie überhaupt mit den ganzen netten Web 2.0 / Social Media – Spielzeugen umgehen kann. Kurz gesagt: Nur weil jemand nach sagen wir 1980 geboren ist, also in einer Zeit groß wurde, wo Internet begann eine Selbstverständlichkeit zu werden bedeutet das nicht automatisch, dass diese/r jemand auch weiß, welche Werkzeuge es gibt, wie die genutzt und noch mehr mitgestaltet werden können. MOOC-Didaktik müsste sich also damit auseinandersetzen, wie „EinsteigerInnen“ in die Web 2.0 Denke & Handlungsoptionen möglichst niederschwellige und selbstbestimmte Varianten vorfinden, div. Instrumente auszuprobieren, von jemanden erklärt zu bekommen, von jemand vielleicht auch ein Stück weit begleitet zu werden.

 

# Sagen wir, ich habe von einen MOOC Kurs erfahren, kennen bereits einige nötigen Techniken und bin das erste Mal auf der „Startseite“: Wenn diese unübersichtlich ist, wird dies Barrieren erzeugen bzw. Teilnehmenden das „dranbleiben“ erschweren oder auch unmöglich machen. Also geht es hier – wie immer beim Lernen – um das Thema, wie z. B. Einstiegsmaterialien strukturiert sind, wie die Systematik dazu aussieht. Und wie leicht es ist, dieses System mit eigenen Erfahrungen und Herangehensweisen „abzugleichen“.

 

# Zauberwort Partizipation: Der nächste Satz trifft auf MOOCs die es gibt wohl unterschiedlich stark zu: Es geht nicht nur darum Wissen zu präsentieren, oder Lerneinheiten vorzuschlagen / anzubieten und dazu gemachte Erfahrungen zu sammeln oder auch zu vernetzen. Lernen kann in einem MOOC auf eine gemeinsame, interaktive und kooperative Weise geschehen. Wobei sich dann Fragen stellen wie: Wie stark können Fragen eingebracht werden? Oder noch früher: Wie stark können die Auswahl von Thema / Unterthema / Schwerpunkte mitgestaltet werden? Welche Werkzeuge werden genutzt, um es NutzerInnen so einfach wie möglich zu machen, eigene Vorstellungen, Wünsche, Erfahrungen, Wissensbausteine usw. einzubringen bzw. sie mit anderen gemeinsam schrittweise entstehen zu lassen – in einem Prozess der auch von Grundhaltungen geprägt ist wie teilen, unterstützen, gegenseitiges Mentoring & Tutoring, Lebenshaltungen anerkennen…

Und auch: Wie können NutzerInnen / MitgestalterInnen unterstützt werden, den Überblick zu behalten, was wo wie zu finden / kreieren ist, wo der Kurs momentan steht, was geplant / möglich ist?

Es wäre zu wenig zu sagen: „Unser MOOC ist partizipativ“ – was ist damit genau gemeint, und wie wird das sichergestellt – und wie kann ich schon die Suche nach Antworten das gemeinsame Entwicklungen von Lösungen dazu partizipativ gestalten?

 

# Geschützte Räume: Aus meinen Erfahrungen ist für nachhaltige & dialogorientierte Lernprozesse ein wichtiger Aspekt, wie sicher sich Teilnehmende in den angebotenen bzw. selbst gestalteten und verwalteten Räumen fühlen. Gibt es eine MOOCiquette? Wer hat diese beschlossen, wer achtet auf die Einhaltung? Wie wird mit diskriminierenden, sexistischen, gewaltverherrlichenden Beiträgen umgegangen? Was geschieht wenn jemand eine Idee einbringt, die jemand anderer sofort anderswo in bare Münze umsetzt und dabei seinen/ihren Namen darübersetzt ohne jeden Bezug? Ich glaube auch das ist einzentrales Thema, mit der sich MOOC-Didaktik beschäftigen müsste.

 

# Ergebnissicherung: Es gibt eine letztlich bereits unüberschaubare Zahl von Kanälen um Inhalte anderen zugänglich zu machen bzw. sie dort gemeinsam zu entwickeln, kommentieren, teilen, vielleicht auch „bewerten“… Die Frage: Wie werden „Lernergebnisse“ oder wie wird der Output sichtbar ist ebenso eine, die sich nicht von selbst beantwortet oder die einfach passiert nur weil halt über einen Kurs „MOOC“ drüber steht.

 

# Nachhaltigkeit: Ebenso schon diskutiert wurde, ob ein MOOC wiederholbar ist. Auch spannend ist: sagen wir jemand schaut heute auf die Ergebnisse von opco11 – kann er/sie nachvollziehen, wie die „Ergebnisse“ entstanden sind und wie / wo sich diese heute auswirken? Ist es auch jetzt möglich Entstandenes weiter zu ergänzen (auch wenn eben nicht 2012 sondern 2011 drüber steht) und wo/wie wird das sichtbar? Dabei ist wohl ebenso die Frage wichtig, was von Ergebnissen tatsächlich offline also etwa in Büchern, Objekten, Bildungs- und Informationsangeboten vielleicht auch in gesellschaftlichen Veränderungen sichtbar wird.