ImproImpulse bei der Flipped Classroom Convention in Berlin

Ich freue mich sehr, dass ich auch bei der Flipped Classroom Convention am 30. 6.17 in Berlin ImproImpulse einbringen durfte! Vielen Dank an JuliaWerner & Christian Spannagel (beide PH Heidelberg) für die Gelegenheit sowie das gemeinsame lustvolle Vorbereiten.

Zum Einsatz kamen in Berlin zunächst Hinweise auf grundlegende Anregungen für ImproImpulse: Oft stimmt der allererste Impuls, Angst ablegen etwas „falsch“ zu machen, zu anderen Ideen „Ja, genau“ sagen. Zudem nahm ich Bezug auf eine Aussage am Anfangd er Konferenz: Wegen heftiger Regenfälle gab es bei der Anreise einige Hindernisse und Schwierigkeiten – „Wir mussten improviseren“. Ich wies darauf hin, dass Improvisation mehr ist, dass wir improvisieren können & dürfen (siehe auch hier). Dann kamen zum Einsatz. ein Wort-für-Wort Spiel und der „Lösungs-Dreisatz“. (siehe als Hintergrund auch diesen Blogpost zu Angewandter Improvisation in Bildungssettings!) (Schön zu sehen ist die intensive Interaktion in diesem Video!)

cc_by_cfreisleben

cc_by_cfreislebenEbenso das Teilen von Ergebnissen via Papierfliegern (siehe hier die dokumentierten Ergebnisse) kann als Variante von Improvisationsmethoden gesehen werden: Eine Erkenntnis wird vergleichsweise spontan formuliert sowie anderen im „Lernraum“ zur Verfügung gestellt. Vom didaktischen Design her wurde zudem unterstützt, dass die Teilnehmenden während des gesamten Tages „Ausgangsmaterialien“ für die Methoden sammelten: Initiiert durch Impulsfragen (mehr) eine bewusstere Wahrnehmung von erworbenen Wissen. Am Ende förderten die ImproImpulse, sich gemeinsam mit anderen über eigene Erkenntnisse noch bewusster zu werden. Gleichzeitig wurde eine lockere, entspannte Atmosphäre gefördert, die wiederum den Austausch beflügelte. Ein schönes Beispiel, wie ImproImpulse Co Creation von Wissen – ganz im Sinn des flipped / inverted classroom – unterstützen! (siehe auch dieses storify mit Bildern von Teilnehmenden!)

Jetzt arbeite ich schon fast zwei Jahre an meiner Dissertation zum Einsatz von Herangehens- / Denkweisen und Methoden aus der Angewandten Improvisation offline und online im tertiären Bereich. Ich kann dabei auf verschiedenste Erfahrungen aus meinen letzten 30 beruflichen Jahren zurückgreifen. Ein Thema, das mich dabei ebenso wie die Improvisation von Anfang an begleitete ist die Frage, wie Bildung dialogorientiert und nachhaltig wirksam gestaltet werden kann. Das hat u. a. dazu geführt, dass ich nun seit über drei Jahren Fachverantwortlicher Inverted Classroom (synonymer Begriff für Flipped Classroom) an der FH St. Pölten bin. Gerade auch für dieses didaktische Konzept ist Angewandte Improvisation in einer sehr vielfältigen Form und in mehrfacher Hinsicht spannend, hilfreich, inspirierend… .

 

 

 

Impulsfragen in der Tagungsmappe

  • Wichtige Stichworte, mit denen ich den EInsatz des Flipped Classroom und dessen Mehrwert beschreibe
  • Als Potentiale bzw. Herausforderung bei der Planung, Umsetzung und Reflexion von Bildung mit Flipped Classroom erlebe ich aktuell / am Ende der Konferenz
  • Tipps oder Literaturhinweise, die ich von anderen Teilnehmenden bekommen habe
  • Drei bis fünf Schritte, die ich in der nächsten Zeit in meinen eigenen Unterricht umsetzen werde

…am „Fächer“

  • Kontakte…
  • Von der #FCC2017 nehme ich mit

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Angewandte Improvisation in Bildungssettings

Schon Johann Comenius betonte im 17. Jahrhundert die Bedeutung spielerischer Ansätze im Bildungsbereich wobei er dabei auf Überlegungen von Aristoteles oder Plato zur Bedeutung von Spiel für das Leben aufbaute. Methoden aus der Angewandten Improvisation haben zweifellos einen spielerischen Charakter. So sammelte etwa die Sozialarbeiterin Neva Boyd in den 1920er-Jahren Kinderspiele bzw. erfand selbst welche und setzte diese ein, um Sprachfähigkeiten, Problemlösungskompetenz, Selbstsicherheit und soziale Fähigkeiten bei Menschen in schwierigen Lebenssituationen zu fördern. Gleichzeitig verwenden sowohl Boyd als auch Personen, die auf ihre Arbeit aufbauten wie etwa Viola Spolin, Keith Johnstone oder Augusto Boal die Bezeichnung „Übung“ für die vielfältigen Methoden. Gearbeitet wird etwa mit Assoziationen mit Bildern & Grafiken, Worten, dem Körper, Klängen, der Stimme, Gegenständen… Dazu kommen Übungen um Räume sowie Menschen dort gezielt wahrzunehmen sowie eigene Handlungsoptionen in diesen. Ein wichtiges Werkzeug sind zudem improvisierte Kurzszenen, die auch aus einzelnen Worten und Momentaufnahmen bestehen können.

Hier ein Einblick in einige Einsatzoptionen von Improvisationsmethoden in Bildungssettings:

  • Entwickeln und reflektieren von didaktischen Designs sowie von Forschungskonzepten
  • Gegenseitiges Kennenlernen als kontinuierlicher Prozess
  • Biographisches Arbeiten
  • Visualisierung, bewusste Wahrnehmung und kreative Verknüpfung von vorhandenen Kompetenzen, expliziten / impliziten Wissen, Erfahrungen und Herangehensweisen
  • Brainstorming (wobei es nicht nur um neue Ideen geht, sondern ebenso um die Nutzung vorhandener Ideen / Materialien)
  • Unterstützen von tiefgehenden Verständnis für komplexe Zusammenhänge, (auch historische) Abläufe und Systeme, also u. a. Formeln und Statistiken aus allen Feldern
  • Hilfe beim Verstehen und Lernen von Fachbegriffen und –vokabeln (auch darum sind die Herangehensweisen / Methoden wichtige Werkzeuge, u. a. um Health Literacy zu fördern)
  • Entdecken, erforschen und konkretisieren von Möglichkeiten, um komplexe Themenstellungen und Herausforderungen anzugehen
  • Definieren und konkretisieren von Lernzielen
  • Reflexion von Lernschritten und –ergebnissen (ebenso im Sinn von Wiederholung und Festigung von Wissen sowie von Transfer in verschiedenste Lebensrealitäten)
  • Kraftvoller Umgang mit und Nutzung von Rückmeldungen, Beschwerden, (Beinahe)fehlern
  • Ausgangspunkt für wertschätzende und neugierige Begegnung mit verschiedenen Zielgruppen (inkl. wahrnehmbar Machen von deren Alltagsrealitäten, Bedürfnissen, Ängsten, Hoffnungen, Lebenssituationen…)
  • Planung, Umsetzung und Reflexion von Projekten sowie Veranstaltungen (wobei Angewandte Improvisation dort auch viele methodische Optionen bietet / eröffnet)
  • Entdeckung und Erforschung von Sozialräumen sowie verschiedener Handlungsoptionen in diesen
  • (Weiter)Entwickeln, erforschen und selbst kreieren von Geschichten im weitesten Sinn (inkl. wissenschaftliche Texte, Drehbücher, Gamedesign, Abläufe in Unternehmen und Institutionen…)
  • Entwickeln, austesten und reflektieren von Methoden, von Designs und Produkten sowie von User*innen-stories dazu
  • Partizipative Aktionsforschung (wobei Angewandte Improvisation auch für andere Forschungsmethoden u. a. zur Datensammlung herangezogen werden kann)

Improvisationsmethoden haben gleichzeitig Effekte auf überfachliche Kompetenzen. Ermöglicht / initiiert – auch im Sinn des Schaffens von sicheren Zonen -, begleitet, herausgefordert, reflektiert wird u. a.:

  • Kreativität
  • Spontanitätskompetenz
  • Vernetztes Denken und Handeln
  • Die Fähigkeit zu intensiver und von gegenseitiger Wertschätzung sowie Unterstützung geprägter Zusammenarbeit
  • Selbstsicherheit und Selbstwirksamkeit
  • Digital Literacy in einem umfassenden Sinn, auch weil u. a. Web 2.0-Werkzeuge zum Einsatz kommen können

 

Literaturhinweis:

Berk, R. A., & Trieber, R. H. (2009). Whose Classroom Is It, Anyway? Improvisation as a Teaching Tool. Journal on Excellence in College Teaching, 20(3), 29–60.

Freisleben-Teutscher, C. F. (2015). Digital Literacy bei Lehrenden und Lernenden gezielt fördern. medienimpulse, (4/2015).

Simon, W. P. (2011, January 12). Boyd, Neva Leona. http://www.socialwelfarehistory.com/people/boyd-neva-leona/