In meiner Rolle als Teil des Teams des hochschuldidaktischen Zentrums SKILL der FH St. Pölten habe ich noch einmal einen Vier-Stunden-Workshop rund um das titelgebende Thema gestaltet. Noch stärker als bei der ersten Umsetzung zum Thema stand das Thema Reflexion „meines rhetorischen ich‘s“, also die spielerische Auseinandersetzung mit eigenen Haltungen, Vorgangsweisen und Handlungsoptionen im Zentrum. Das Design hat sich zudem durch die kleine Gruppengröße (vier Personen) weiterentwickelt.

Gestartet habe ich nach einen Blick auf die Geschichte von Improvisationsmethoden (einige Aspekte sind hier gesammelt) und Handlungsanregungen / Spielregeln aus der Angewandten Improvisation mit bewussten Gehen mit einem Fokus auf Variationen rund um Status: Die Teilnehmenden experimentierten mit Tempo, Schrittlänge, „Spurweite“ (schmales / breites) Gehen, Zehenspitzenausrichtung sowie Blickrichtung. Eingeladen habe ich dabei, das Angebot des Raumes zu nutzen, in dem drei lange Tisch reihen standen und sich dadurch „Gänge“ ergaben, die nun ergangen wurden. Weiters habe ich dann noch mit einer Herangehensweise der Verfremdung gearbeitet: Die Vorgabe für das bewusste Gehen war: eine Situation in der rhetorisch so richtig alles schiefgeht sowie eine, in der alles gelingt. Ich habe dann die Teilnehmenden als Teil des Debriefings um spontane Wortassoziationen gebeten. Beim worst case genannt wurden: Ausgetrocknet, gekreuzigt, Kreuzweh, „ich will weglaufen“, beklemmend, Hemmung, Druck. Für den best case: Entspannt, schmerzlos, Leichtigkeit, strahlend.

In Bezug auf das Debriefings des bewussten Gehens wurden an Wahrnehmungen genannt: verkrampft, (Atmung) eingeschränkt / fließend, atemlos, offen :: schwer, Energie, schreiten.

Im Zuge der teilnehmenden Beobachtung ist mir aufgefallen, dass die Teilnehmenden sich sehr schnell auf das Experimentieren mit den verschiedenen Gehvarianten einließen. Durch die Gänge im Raum war ein kreuz und quer gehen nicht so intensiv möglich wie sonst, trotzdem kam es immer wieder zu Begegnungen von Teilnehmenden.

Gefragt nach weiteren Einsatzmöglichkeiten in der Lehre wurden u. a. gemeinsam entwickelt: die Haltung in Bezug auf / am Weg zu Prüfungen bewusst und selbstsicher(er) gestalten, best / worst case eines Pitches, verschiedene Elemente eines Martketingkonzepts werden von Teilnehmenden verkörpert und bewegen sich mit entsprechenden Tempo / Nähe & Distanz zueinander durch den Raum. In Bezug auf Rhetorik verwies ich aufbauend auf die Bedeutung der bewussten Gestaltung von Körpersprache, der Macht „kleiner Veränderungen“ und möglichen Variationen beim Betreten / Bespielens eines Kommunikationsraumes.

Darauf aufbauend arbeiteten wir mit sich gegenseitig durch den Raum führen: Die Vorgabe dazu war „Mein Credo, mein Leitsatz in Bezug auf Rhetorik“. Im Debriefing wurden als Wahrnehmungen von den Teilnehmenden genannt: Austausch, Takt (bzw. Rhythmus), überraschend, Konzentration, einlassen, Fokus.  Wiederum alles sehr wichtige Themenfelder, wenn es um die Reflexion & Weiterentwicklung eigener Verhaltensweisen in Bezug auf Rhetorik geht. Für die Lehre auch einsetzbar ist diese Methode stehend, also auch in einem Hörsaal mit mehr als 200 Anwesenden.

Nächster Schritt war der Einsatz von Statuen. Umgesetzt habe ich dabei folgende Varianten: Arbeit in Paaren. Die Vorgabe ist für A: „Ich denke an eine gelungene Situation in Bezug auf Rhetorik und setze das spontan in ein Körperbild um.“ Dann kopiert B, der/die PartnerIn das Bild und bleibt stehen – so kann sich A, der/die Darstellende das eigene etablierte Bild nochmals aus verschiedenen Perspektiven ansehen. Zweiter Schritt: Das initiale Bild wird von A wiederholt und B, der Partner vergrößert dabei einen wahrgenommenen Aspekt. Dies kann wieder von A betrachtet werden. Dritter Schritt: B, der/die PartnerIn nutzt vorhandenes „Material“ (Körperhaltungen) als Ausgangspunkte und zeigt ein Körperbild mit der Vorgabe „es soll ein Stückchen leichter“ gehen. Dieses Bild wird dann von A kopiert und B kann es sich ansehen.

Weiters wird dann Statuenarbeit genutzt damit dieselben Paare einen Drei-Bilder-Reigen erzeugen: Vorgabe ist, nach gemeinsamen Themen aus dem vorangegangen Schritte zu suchen und diese in ein „vorher“, „Ist-Stand“, „einfach wunderbar“ – Bild umzusetzen (je ein Statuenbild; also das Prinzip der Veränderungs- / Transformationsstatue).

Interessant ist die unterschiedliche Vorgangsweise der zwei Tandems: Während das eine, das Bild innerhalb von zwei Minuten entwickelt und auch probt, beginnt das andere Tandem zuerst mit längeren Überlegungen, geht dann aber auch in die Phase des Ausprobierens der Bilder ein – in ein beiden Fällen ergibt sich ein intensives kollaboratives Tun, mit viel an (gemeinsamer) Begegnung und gegenseitigen intensiven Fokus.

Beim Debriefing wird in Bezug auf Wahrnehmungen / Erkenntnissen von den Teilnehmenden genannt: authentisch, stehen, (Offen)heit, natürlich, Selbstbeobachtung, inneres Lächeln – es ergeben sich also weitere wichtige Erkenntnisse rund um „gelungene“ Rhetorik.

Wir arbeiten dann, auch als Vorstufe zum szenischen Arbeiten, mit Wort-Ping-Pong, mit Wort-für-Wort Geschichten sowie mit Drei-Satz-Lösungsgeschichten inkl. die „Moral der Geschichte“ als 4. Satz. Eine wichtige Frage, die sich für mich beim Anleiten ergibt: Dadurch dass alle vier Teilnehmenden gemeinsam arbeiteten, begleitete ich diese Gruppe sehr intensiv, also intensiver als sonst. Dabei ermuntere ich – wie immer – ein hohes Tempo zu wählen, die „allererste Idee“ zu nehmen bzw. treibe die Drei-Satz & Moral-Arbeit voran. Die Frage ist, ob sich noch mehr / andere Varianten mit einer weniger intensiven Begleitung durch mich ergeben hätten.

Am Ende steht eine kleine Forumtheaterszene: Ein Teilnehmender etabliert eine Sequenz mit einer „störenden“ Studierenden, die mehrfach wiederholt wird, wobei verschiedene Handlungsoptionen ausgetestet werde. Ich verweise dabei auch auf das Potential von improvisierten Kurzszenen als Instrument für die Lehre, vor allem auch verbunden mit Verfremdungen.

Insgesamt fällt mir bei dieser Umsetzung auf, dass „Material“, also in dem Fall Körperhaltungen und Arten sich zu bewegen, im Laufe der vier Stunden immer wieder aufgegriffen, weiter verwendet wird. So tauchen Elemente aus dem bewussten Gehen in den Statuen wieder auf oder auch umgesetzt in Sätzen der Wortassoziationen. Meine Vermutung ist, dass dies auch durch das sehr intensive, kontinuierliche Debriefing in Bezug auf den Zusammenhang mit Erkenntnissen / Auswirkungen auf Rhetorik im Allgemeinen und die „ganz eigene Rhetorik“ im speziellen gefördert wurde. Für eine weitere Umsetzung bedeutet dies, dass diese „Muster“ noch stärker als solche von mir / von Teilnehmenden die zu einer aktiveren selbstreflektierten Wahrnehmung motiviert werden erkannt, benannt und dokumentiert werden können, woraus sich aus noch intensivere Effekte für einen Lernprozess ergeben können.

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